Deutschland steckt in der Krise – wie geht es weiter?
Der Rücktritt von Deutschlands Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) ist nur ein Symptom für eine größere Krise Berlins. Die deutsche Politik weiß nicht recht, wie es inmitten des Ukraine-Kriegs weitergehen soll. Was das bedeutet, auch für Europa, darüber spricht Top-Politologe Dr. Ralph Schöllhammer in der eXXpress-Sondersendung.
Auf den Krieg in der Ukraine war Berlin nicht vorbereitet. Die deutsche Politik hat sich verkalkuliert. Das zeigt besonders der triste Zustand der deutschen Bundeswehr. “Das Verteidigungsministerium war ein Ruheposten mit einem schönen Einkommen”, sagt Ralph Schöllhammer (Webster University) im Gespräch mit eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt. “Man ist davon ausgegangen, dass die Verteidigungspolitik in Europa, wenn überhaupt, dann auf einer sehr unterirdischer Ebene stattfindet.”
Mit dem 24. Februar 2022 platzen alle Illusionen. Die deutsche Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) wirkte überfordert, nun trat sie zurück. An ihren missglückten TV-Auftritten war zwar nur sie allein schuld – ihren Fingerzeig auf die Medien hält Schöllhammer für verfehlt – allerdings kann man sie nicht für alles verantwortlich machen. Sie sollte in kürzester Zeit die Bundeswehr reformieren, angeblich mit einem Milliardenbudget.
Rasche Kehrtwende in Verteidigungspolitik war "illusorisch"
Die ganz schnelle, große Kehrtwende in der deutschen Verteidigungspolitik war “illusorisch”, sagt der Top-Politologe. “Unter dem Druck der Ereignisse musste Deutschland all das ankündigen. Aber bisher ist es eine Ankündigung geblieben.” Darüber hinaus kommen die Vorgaben ja aus dem Kanzleramt. “Man putzt sich an der Frau Lamprecht ab. Man denke nur an die 5000 Helme, die in die Ukraine geschickt worden sind. Davon soll der Kanzler nichts gewusst haben?”
Kürzlich sickerte durch: Selbst wenn Deutschland Leopard-Panzer der Ukraine zusagt, könnten sie nicht vor 2024 geliefert werden. Allerdings könnte es sich hier auch um Ausreden handeln, meint Ralph Schöllhammer. Insgeheim hoffe Berlin womöglich auf einen Friedensschluss.
Am liebsten wäre Berlin der Zustand vor der Invasion
In den vergangenen Jahren war das Amt des Verteidigungsministers ein undankbarer Job, weil es das erste Ministerium ist, das man gerne ausgehungert hat. Oft wurden die Mittel entzogen, danach hat man sich beschwert, dass die Mittel ungenügend eingesetzt werden, klagt Schöllhammer. Beim Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, musst man sich Kommunikationsausrüstung aus Österreich ausborgen.
Eigentlich möchte Berlin am liebsten zum Zustand vor dem 24. Februar zurückkehren, sagt der Politikwissenschaftler.
Kommentare
“Verteidigungsminister” klingt nun schon langsam etwas unpassend.
Zitat: “Auf den Krieg in der Ukraine war Berlin nicht vorbereitet.”
Das passt aber nicht zu Merkels Eingeständnis,daß der Friedensprozess von Minsk nur ein Vorwand war, um der Ukraine genügend Zeit zu verschaffen,seine offensiven militärischen Fähigkeiten auszubauen.
Da würde wohl keiner davon sprechen,daß hier etwas “unerwartet” war.
Nur das WANN stand noch nicht fest! Wer läßt sich schon eine von Übersee aufgebaute Armee mit voller Angriffswaffenkapazität vor die Haustüre stellen??