Bei totaler Gas-Krise: Alte Papierzeitungen und Paketdienste am meisten betroffen
Österreich gilt als „Papierland“: 23 heimische Papierfabriken produzieren fünf Millionen Tonnen Papier und zwei Millionen Tonnen Zellstoff pro Jahr. Doch kein Industriezweig benötigt so viel Gas. Bei einem Gas-Stopp müsste die gesamte Industrie ihre Produktion einstellen. Das bedeutet: keine Zeitungen, keine Verpackungen.
Bereits im März stellte Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) fest: „Wir können die Wirtschaft ohne Gas nicht aufrechterhalten.” Der Erdgas-Verbrauch in Österreich liegt bei rund 9 Milliarden Kubikmetern jährlich. Den Großteil davon benötigen aber nicht die privaten Haushalte, die eifrig bei sich sparen sollen. Gerade einmal 20 % des Erdgas-Verbrauchs gehen nämlich an sie. 40 % entfallen laut IV auf die produzierende Industrie, 30 % auf die Energieversorgung, und 10 % dienen anderen Zwecken.
Doch auch bei den Industriezweigen gibt es deutliche Unterschiede.
Die Papierindustrie verbraucht 19,3 % des Gasverbrauchs der produzierenden Industrie
Am meisten Gas benötigt die Papierindustrie mit 5,9 Terawattstunden Gas. Das sind 19,3 % des gesamten Gasverbrauchs im produzierenden Bereich. Erst danach kommt die Chemieindustrie mit einem Endverbrauch von 5,1 Terawattstunden – das entspricht 16,7 % des gesamten Gasverbrauchs im produzierenden Bereich.
Die Papierfabriken brauche das Gas vor allem für die Dampf- und Stromerzeugung, sowie als Start- und Stützbrennstoff in den Zellstoff-Fabriken. Zur Herstellung von Papier muss der Papierbrei getrocknet werden, häufig mit Wärme, die aus Gas erzeugt wird.
Mehrere große Papier-Unternehmen in Österreich
In Österreich wird besonders viel Papier produziert, deshalb benötigt dieser Industriezweig auch so viel Gas. Der Branchenverband Austropapier bezeichnet Österreich als „Papierland“. Es gibt 23 österreichische Papierfabriken (Stand Frühjahr 2022). Gemeinsam erzeugen diese pro Jahr etwa fünf Millionen Tonnen Papier und zwei Millionen Tonnen Zellstoff.
Die größten Unternehmen mit Blick auf den Netto-Umsatz (Stand 2020) sind Mondi (6,6 Millionen Euro), Mayr-Melnhof (2,5 Millionen Euro) und Prinzhorn (1,9 Millionen Euro).
Bei Erneuerbaren Energien bereits Vorreiter
Tatsächlich ist die Papierindustrie schon Vorreiter bei der Ökoenergie mit einem Anteil von 60 % an Erneuerbaren Energien. Dennoch ist sie noch zu 35 % auf Gas angewiesen. Austropapier-Präsident Kurt Maier sagt gegenüber dem „Industriemagazin“: „Gas ist eine Brückentechnologie, die uns noch einige Zeit lange begleiten wird. Wir investieren aber kontinuierlich in Klimaschutzmaßnahmen, um die Klimaziele zu erreichen.”
Im Falle eines Gas-Embargos könnte nicht mehr weiterproduziert werden
Das Problem: „Kurzfristig ist es technologisch nicht möglich, Gas durch einen anderen Brennstoff zu ersetzen“, sagt Max Oberhumer, CEO der Papierfabrik Sappi Gratkorn nahe Graz. Und Maier bekräftigt: Selbstverständlich könne man bei einem Gas-Mangel zunächst Teile der Produktion stilllegen, aber „in letzter Konsequenz, wenn die Gasflüsse völlig zum Erliegen kommen, müssten wir alle Papierfabriken abstellen“. Im Falle eines Gas-Embargos oder Gas-Lieferstopps könnte nicht mehr weiterproduziert werden.
Vieles wäre davon betroffen, Zeitungen, Paketdienste, sämtliche Verpackungen, ob für Lebensmittel oder Medikamente, und auch Hygienepapiere.
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