Die ungewöhnliche Eliteeinheit: 30 IT-Experten jagen Putins Panzer mit Mini-Drohnen
Aerorozvidka heißt eine ukrainische Spezialeinheit. Sie ist 2014 nach der Annexion der Krim entstanden und eigentlich eine NGO, die großteils durch Spenden finanziert wird. Freiwillige, darunter Ingenieure und Bastler, haben sich ihr angeschlossen. Nun jagen sie Putins Konvois als Teil der ukrainischen Armee.
Quadcopter-Drohnen wurden für Film- und Fotoproduktionen entwickelt, ebenso für die Landwirtschaft und für die Freizeit. Dass sie auch als Waffen im Krieg sehr effektiv sein können, erkannte eine ukrainische Eliteeinheit namens Aerorozvidka. Sie ist mittlerweile wichtiger Bestandteil der ukrainischen Landesverteidigung gegen die russischen Streitkräfte – und weltweit ziemlich einzigartig.
Aus Marktwaren werden Waffen gebastelt
30 Hacker, Drohnen-Piloten und sonstige Freiwillige mit Interesse an Technik gehören der Aerorozvidka an. Die IT-Kämpfer waren zuvor in unterschiedlichen Berufen tätig. Die Waffen, die sie verwenden, sind zum Teil frei im Handel erhältlich. Eine Spezialität der Einheit: frei erhältliche Drohnen für den Militäreinsatz umrüsten.
Die Drohnen werden für Beobachtungs- wie auch Angriffsmissionen verwendet. Besonders häufig kommen sie in der Nacht zum Einsatz. Da werfen sie aus der Dunkelheit Bomben auf russische Fahrzeuge ab. So haben sie bereits Panzer, Raketenstellungen und Vorposten der russischen Armee zerstört.
What looks like a Russian T-72B3 tank and a VDV BMD-2 infantry fighting vehicle being completely destroyed by a Ukrainian Aerorozvidka drone dropping anti-tank grenades.🇺🇦
— Jimmy (@JimmySecUK) May 6, 2022
I'll never get over how devastatingly effective these little drones are.🔥pic.twitter.com/BCoMQscqpM
Zwei besonders prestigeträchtige Siege dürften ebenfalls auf das Konto dieser höchst ungewöhnlichen, von Spendern unterstützten Spezialeinheit gehen: Eines ihrer zwölf Meter breiten Miniaturflugzeuge soll bei der Versenkung des russischen Schlachtkreuzers Moskwa eine entscheidende Rolle gespielt haben. Und: Die Aerorozvidka-Einheit konnte in den ersten Wochen der Invasion den 64 Kilometer langen russischen Konvoi stoppen, der die Hauptstadt Kiew angreifen sollte.
Der Gründer ist Investmentbanker, er wurde getötet
“Wir sind jetzt alle Soldaten, aber unsere Wurzeln liegen in anderen Arbeitsbereichen”, sagt Mykhailo, Vorstandsmitglied und Leiter der Kommunikationsabteilung von Aerorozvidka, gegenüber “Business Insider”. “Einige von uns haben einen Doktortitel. Einige haben einen Masterabschluss. Einige kommen aus der IT-Branche und vielen anderen Sparten. Was uns verbindet, ist der Wunsch, diesen Krieg zu gewinnen.”
Nachdem Putin im Jahr 2014 die Krim annektiert hat und die beiden Regionen Luhansk und Donezk ihre Unabhängigkeit erklärten, haben sich erstmals Freiwillige zusammengeschlossen, um das ukrainische Militär mit Drohnenaufklärung zu unterstützen. Der Gründer von Aerorozvidka ist Volodymyr Kochetkov-Sukach – ein Investmentbanker und vierfacher Vater. 2015 wurde er bei einem Einsatz im Donbass getötet.
Teuer – aber immer noch günstiger als fertige Waffen
Die teuerste Drohne ist die Oktokopter R-18, die von dem Team vollständig umkonstruiert wird. Jeder Bau kostet 20.000 Dollar. Damit ist sie allerdings immer noch günstiger als Panzerabwehrraketen wie die NLAW, die 40.000 Dollar pro Stück kosten. Und das ist nicht ihr einziger Vorteil.
Die R-18 kann im Gegensatz zu den NLAWs auch mehrfach eingesetzt werden – solange sie nicht durch russischen Beschuss beschädigt wird. Ihre Reichweite beträgt vier Kilometer, die Flugzeit 40 Minuten. Sie kann fünf Kilo schwere Bomben abwerfen.
20 Stunden am Tag sind die Drohnen für Aufklärung oder Kampf im Einsatz.
Auch militärische Drohnen werden verwendet, und hier nimmt die Diversität zu. Zum Arsenal gehören chinesische DJI-Drohnen und Autel-Drohnen, französische Parrot-Drohnen, die in der Türkei gefertigte Kampfdrohne Baykar Bayraktar TB2, die Vector-Drohne Quantum Systems aus Deutschland sowie US-amerikanische Switchblade-Drohnen.
Erfolgreiche Einsätze in der Nacht
Die Eliteeinheit führt täglich rund 300 Aufklärungsmissionen durch und hat ihrem Sprecher Mykhailo zufolge “dutzende, möglicherweise Hunderte” russischer Einsatzfahrzeuge zerstört. Des nachts sind die Wärmebildkameras der Drohnen von Vorteil. Deshalb führt Aerorozvidka auch ihre Einsätze auch meist in der Dunkelheit durch.
🇺🇦 Guerre en Ukraine : des civils ukrainiens aident l'armée grâce à leurs drones pour repérer et détruire les chars russes. Regroupés au sein de @aerorozvidka, ils sont depuis le début de la guerre intégrés dans l'armée.
— Olivier🚀Dassonville (@TheDarkPixel) May 1, 2022
Supportons leur lutte avec des dons https://t.co/aV2G31BNtC pic.twitter.com/4BgN5Q8Dlp
Die Einheit Aerorozvidka setzt sich aus dem Drohnenteam, dem Delta-Team und einem Cybersicherheitsteam zusammen. Delta ist ein webbasiertes Situationserkennungssystem, das eine Karte von russischen Angriffszielen erstellt. Dabei stützt es sich auf unterschiedliche Informationsquellen, unter anderem Aufklärungsflüge des Drohnenteams. Die Einheit profitiert von Elon Musks Starlink-Satellitensystem, das bei Internet- oder Stromausfällen für eine sichere Verbindung sorgt.
#Ukraine Aerorozvidka dropping munitions via drone, destroying #Russia T-72B3 Obr. 2016 MBT, and BMD-2 IFV. Video part 2 of 2
— CatManDoo (@CatManDoo18) May 7, 2022
pic.twitter.com/Iz5qTYAO78
Ein Netzwerk aus Freunden und Unterstützern hilft
Die Nichtregierungsorganisation ist auf Crowdfunding und Spenden angewiesen. Das ist nicht die einzige Herausforderung. Ein Großteil des Equipments der Truppe unterliegt strengen Ausfuhrkontrollen. Daher sind die Drohnenbauer dem “Guardian” zufolge auf ein Netzwerk aus Freunden und Unterstützern angewiesen. Diese kaufen die Teile im Ausland und verschicken sie an die Ukraine per Post.
Aerorozvidka received some additional DJI drones today, including seven DJI Mavic 3 drones. #drone #drones #mavic3 #djidrones @djiglobal @djienterprise @DJIFlySafe @Aerorozvidka https://t.co/pubtSSmdkN pic.twitter.com/ZyITCcu38e
— DroneXL (@DroneXL1) April 30, 2022
Mittlerweile erhalten die 30 IT-Experten aufgrund ihrer Erfolge auch Unterstützung von der ukrainischen Armee und von dem Digitalministerium. Mehrheitlich wird die gesamte Operation der Einheit aber nach wie vor aus Spenden finanziert.
Kommentare
Kreativ und erfindungsreich! Putins Truppen haben keine Chance gegen einen solchen Gegner!
Es existiert derzeit keine objektive Bedingung, die einen atomaren Schlag politisch oder militärisch auch nur im entferntesten rechtfertigen könnte. Russland wird weder von einer konventionellen Übermacht angegriffen noch wird Russland existenziell bedroht.
So setzt V. Putin auf psychologische Kriegsführung, ausgehend von seiner Grundüberzeugung, dass der Westen so dekadent sei, dass er vor einer atomaren Bedrohung einknicken und seine Ziele aufgeben würde.
Daher hat der Westen nun zwei Möglichkeiten:
Jedesmal wenn V. Putin sich äusserst erleidet der Weste eine kollektive Panikattacke und macht das was V. Putin diktiert.
Oder man ist erwachsen und intelligent genug, um mit der virtuellen Bedrohung rational umzugehen.
NSA, CIA, und die “Five Eyes” haben alle Augen und Ohren auf Russland gerichtet und sagen, dass es derzeit keine atomar vorbereitende Aktivitäten gibt.
Sollte sich das ändern, wird der Westen klar machen müssen: einen Schritt weiter und ihr werdet vernichtet.