Energieexperte: Die EU muss endlich aufwachen, ihr fehlt der Ersatz für Putins Gas
Europa hat zehn Jahre lang zu wenig in eigene Energien investiert und sich freiwillig von Russland abhängig gemacht, sagt Top-Ökonom Daniel Lacalle. Noch vor 20 Jahren hat die EU mehr Erdgas produziert, als Russland heute exportiert! All das wurde bei den Sanktionen ignoriert, und nun ändert kein Politiker die katastrophale Energiepolitik.
Wirtschafts- und Energieexperte Daniel Lacalle (55) ist fassungslos: Die Energiepolitik der EU brauche sofort eine radikale Korrektur, doch diese bleibe aus. “Niemand sagt: Seht her, wir haben einen großen Fehler gemacht. Wir müssen unsere eigenen Ressourcen erschließen. Wir müssen unsere Versorgungssicherheit stärken. Wir müssen alle Technologien einsetzen.”
Abhängigkeit von Russlands Gas "politische Entscheidung"
Europas Abhängigkeit von russischem Gas sei eine “politische Entscheidung” gewesen, unterstreicht der spanische Top-Ökonom im Gespräch mit dem Hedgefondsmanager Erik Townsend in dessen Podcast “Erik Macro Voices”. Europa habe nämlich seine eigene Gasproduktion immer mehr vernachlässigt. Lacalle verweist auf eine verblüffende Entwicklung: “Vor 20 Jahren hat die Europäische Union mehr Erdgas gefördert als der russische Energiekomplex heute exportiert.”
Jahrelange Fehler können nicht sofort beseitigt werden
Deutschland hat nach seiner Energiewende und im Zuge der Umstellung auf “grüne” Energien ganz auf Gas aus Russland gesetzt. “Die deutsche Regierung sah in der starken Abhängigkeit von russischem Erdgas eine billige Alternative, denn es war und bleibt die billigste Alternative in Bezug auf den Energieverbrauch in Deutschland, viel, viel billiger als Solar- und Windenergie heute.”
Die selbstverschuldete Energiekrise
Nun aber schlittere Europa ohne russisches Gas in ungeheure Probleme: “Wenn man ein Jahrzehnt lang zu wenig in Energie investiert, ist es unvermeidlich, dass sich dies nicht so schnell wieder ausgleicht”, sagt der Wirtschaftswissenschaftler, Besteller-Autor, Investmentmanager und Professor für globale Wirtschaft an der IE Business School in Madrid.
EU kann den Verlust von Russlands Erdgas nicht ausgleichen
Bei den Sanktionen gegen Russland habe man das schlicht nicht beachtet: “Was ich absolut erstaunlich fand, war, dass sich die Politiker nicht mit der Situation von Angebot und Nachfrage in der EU auseinandergesetzt haben, denn die EU kann den Verlust der Erdgaslieferungen aus Russland nicht ausgleichen.” Die Abhängigkeit von russischem Erdgas lasse sich nicht von einem Tag auf den anderen ändern – “schon gar nicht mit erneuerbaren Energien.”
Doch genau das würden viele Politiker annehmen: “Viele europäische Staats- und Regierungschefs glauben tatsächlich, dass man einfach den Erdgas- und Erdölverbrauch abschalten und auf Wind- und Solarenergie umsteigen kann, und dass dann alles genau so sein wird wie vorher. Dem ist aber nicht so. Wind- und Solarenergie sind großartig, aber sie sind unstetig, unbeständig und nicht planbar. Es ist also unmöglich, Grundlast-Energien, Grundlast-Technologien, Kernkraft, Erdgas, Erdöl usw. zu kompensieren.”
Regierungschefs machen mit falscher Politik weiter
Nun müsse man dringend umdenken, doch es geschehe nichts. Daniel Lacalle verweist unter anderem auf das riesige Erdgasfeld in den Niederlanden: “Anstatt dieses Erdgasfeld zu nutzen, zu investieren und natürlich die Bürger in den umliegenden Gebieten zu entschädigen, weil es viel billiger ist als der Import von Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten beschließt die Politik, mit dem Auslaufen des Feldes fortzufahren.“ Politiker, „die in einer internationalen Krisensituation feststellen, dass ihre energiepolitischen Entscheidungen falsch und extrem gefährlich waren, setzten diese Entscheidungen ohne jede Änderung fort.“
Massive Probleme voraussichtlich nach dem Winter
Dramatisch würden Europas Probleme erst nach dem Winter, denn zurzeit könnten viele Haushalte und Unternehmen mit extrem hohen Preisen noch überleben. “Das Problem ist kein Winterproblem, denn ein Winterproblem ist ein Preisproblem.” Doch es sei mehr als das: “In den kommenden Monaten wird sich zu dem Preisproblem wahrscheinlich noch ein Versorgungsproblem gesellen, weil der LNG-Markt aus den USA das russische Gas nicht ein ganzes Jahr lang ausgleichen kann.”
Energiepolitik fuße auf Erschwinglichkeit und Versorgungssicherheit. “Und diese beiden Säulen sind in der Europäischen Union völlig aufgegeben und ignoriert worden.”
Ab sofort berichtet der eXXpress regelmäßig über die Energiekrise, in die sich der Westen durch seine eigene Politik gestürzt hat.
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