Sigmund Freuds letzte Enkelin gestorben: Sie kritisierte ihren Großvater scharf
Sophie Freud (97) ist in den USA verstorben. Die Psychologin und Soziologin war einer der schärften Kritiker der Lehren ihres berühmten Großvaters. Sie hielt ihn für einen der “falschen Propheten des 20. Jahrhunderts”.
Sie war die letzte noch lebende Enkelin von Sigmund Freud: Im Alter von 97 Jahren ist Sophie Freud im US-Bundesstaat Massachusetts gestorben, wie die “New York Times” unter Berufung auf ihre Tochter berichtete. Als Kind hatte Freud ihren Großvater, der als Begründer der Psychoanalyse und einer der bedeutendsten und einflussreichsten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts gilt, noch regelmäßig gesehen.
Später floh sie vor den Nationalsozialisten in die USA, wo sie Psychologie und Soziologie an einer Universität in Boston lehrte. Mit den Ideen ihres Großvaters konnte die 1924 geborene, dreifache Mutter zeitlebens nur wenig anfangen. “Ich bin sehr skeptisch was einen Großteil der Psychoanalyse angeht”, sagte sie einmal dem “Boston Globe”. “Ich denke, dass das so ein narzisstischer Genuss ist, dass ich nicht daran glauben kann.”
Neue Sicht weiblicher Sexualität
Mitte der 1970er-Jahre schrieb Sophie Freud als eine der Ersten über eine neue Sicht weiblicher Sexualität. In ihren wissenschaftlichen Arbeiten unterstrich sie die Wichtigkeit, die die Umwelt auf die menschliche Entwicklung ausübt, und begab sich damit in einen Gegensatz zur Betonung der Innenwelt.
Ihr zuletzt veröffentlichtes Werk Im Schatten der Familie Freud enthält Aufzeichnungen ihrer Mutter und beschreibt ihre eigene kritische Auseinandersetzung mit ihrem Großvater Sigmund Freud, den sie für weit überschätzt hielt und als einen der “falschen Propheten des 20. Jahrhunderts” bezeichnete.
Regelmäßig in Österreich auf Besuch
Freud kehrte erstmals 1960 nach Wien zurück und besuchte ab Ende der 1980er-Jahre regelmäßig Österreich; 1978 erhielt sie die österreichische Staatsbürgerschaft zurück.
Sie war ab 1945 mit dem Emigranten Paul Löwenstein (auch Loewenstein) verheiratet, von dem sie sich in den 1980er-Jahren wieder scheiden ließ. Das Paar hatte zwei Töchter und einen Sohn, George Loewenstein, Professor für Wirtschaftswissenschaften und Psychologie an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Sophie Freud lebte ab 1946 in Boston. Nach der Scheidung nahm sie ihren Mädchennamen wieder an.
Kommentare
Im Gegensatz zu ihrem Großvater habe ich von ihr noch nie was gehört.
Wenn sie sich schon mit der Weiblichkeit beschäftigt hat, hat sie hoffentlich die von Freud offene Frage “Was will das Weib?” beantwortet.
Freuds “Innenwelt” besteht aus den Gesetzmäßigkeiten, die der Außenwelt ermöglichen, die Psyche zu beeinflussen. Seine Konzepte sind etwas komplizierter, als die der “Lerntheorie”, beruhen aber auf einer Entwicklungstheorie und einer Theorie der Einwirkung primärer Beziehungen. Seine Theorie der Autoaggression, auch Todestrieb infolge Auseinandersetzung mit Suiziden genannt, allgemeiner Selbstbestrafung als der negative Pol des Selbstbelohnungssystems, sollte gerade in der aktuellen Situation auf Verständnis stoßen, wo selbstzerstörerischen und komplett irrationales Verhalten im Westen so offensichtlich ist, ganz nach dem Motto, ich schieß mir ins Bein, damit mein böser Nachbar nicht mehr laufen kann.