Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, ist zum Vize-Außenminister ernannt worden. Diese Entscheidung habe das Ministerkabinett in Kiew am Freitag getroffen, meldeten ukrainische Medien.

Skandal-Interview sorgte bei Juden und Polen für Empörung

Melnyk war von Januar 2015 bis 14. Oktober 2022 Botschafter der Ukraine in Deutschland. Seine Abberufung wurde kurz nach einem Skandal-Interview bekannt gegeben, in dem er den ukrainischen Partisanenführer gegen die Sowjetherrschaft und NS-Kollaborateur Stepan Bandera (1909 bis 1959) verteidigte. In dem Video-Interview mit dem Journalisten Tilo Jung bestritt der Diplomat allen Ernstes die Existenz von Beweisen für den Massenmord an Juden und Polen, den Banderas Anhänger während des Zweiten Weltkriegs begangen haben.

Bis heute gibt es Anhänger Banderas in der Westukraine.APA/AFP/Sergei SUPINSKY

Aus seiner Bewunderung für Bandera machte der Diplomat seit Beginn seiner Botschaftertätigkeit in Deutschland kein Geheimnis. Gleich nach seinem Amtsantritt besuchte er am 27. April 2015 Banderas Grab in München und legte dort Blumen nieder. Danach twitterte er, Bandera sei “unser Held”.  In Teilen der Westukraine wird Banderas bis heute verehrt. Im Osten des Landes, und ebenso in Polen, Russland und Israel gilt Bandera überwiegend als NS-Kollaborateur und Kriegsverbrecher.

1. Jänner 2022 in Kiew: Menschen halten Fackeln und tragen Plakate mit dem Bild des Nationalisten Stepan Bandera anlässlich seines 113. Geburtstages.APA/AFP/Sergei SUPINSKY

Scharfe Kritik an der Zurückhaltung Berlins im Krieg

Im vergangenen Jahr machte sich Melnyk darüber hinaus mit seiner für einen Diplomaten ungewöhnlich scharfen Kritik an der deutschen Bundesregierung einen Namen. In den ersten Monaten des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wurde er zu einem der häufigsten Gäste in deutschen Talkshows. Unablässig forderte Melnyk Kampfpanzer und Luftabwehrgeschütze und warf der Bundesregierung in Berlin Zögerlichkeit vor.

Auch seit seiner Rückkehr nach Kiew meldet sich der Diplomat zu Wort und gibt Interviews. Zuletzt forderte er auf Twitter den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz auf, ein Ultimatum an Putin zu zu stellen – “oder wollen Sie, dass wir alle erfrieren?”. Der eXXpress berichtete.